Eine Beziehung zu Gottheiten entsteht nicht nur durch deren Anbetung selbst. Häufig werden Gegenstände oder Vermittler genutzt, um eine Verbindung zum Göttlichen herzustellen.

In Nordamerika genießen Masken wie diese Eulen-Maske (1) oder auch spezielle Holzbilder (2) einen hohen Stellenwert. Sie dienen der Manifestation von Ahnengeistern, die in Form von verschiedenen Tieren verkörpert werden. Im asiatischen Raum wird versucht zwischen dem Irdischen und dem Göttlichen zu vermitteln. Das geschieht z.B. durch eine Bärenzeremonie der Ainu (3) oder durch Figuren wie Semar (4) aus Java (Indonesien), der die Trennung zwischen Menschen und Gott aufhebt. 

Der Hinduismus kennt viele Gottheiten in vielen Formen wie Shiva, der hier einmal als Asket (5), als Lingam und Yoni (6) sowie als König des Tanzes (7) vertreten ist. Er stellt die zentrale Gottheit des Shivaismus dar und verkörpert gleichermaßen große Güte, eine hohe zerstörerische Kraft sowie kreative Fruchtbarkeit. Ganesha (8) ist eine sehr populäre indische Gottheit und wird für den Erfolg aller Unternehmungen angerufen. Laut Erzählungen wurde Ganesha von Shivas Gemahlin Parvati erschaffen. 

In China gibt es viele Figuren, die verehrt werden und nicht direkt göttlichen Ursprungs sind, wie im Buddhismus beispielsweise der Mönch Budai (9), der enthaltsam lebende Asket (10), oder Kashyapa und Ananda (11). Sie stehen als Schüler Buddhas häufig zu seiner Linken und Rechten und verkörpern den von Buddha gelehrten ,,Mittleren Weg“. Shouxing (12) hingegen wird in der traditionellen chinesischen Kultur als ,,Gott des langen Lebens“ verehrt. Auf Ahnentafeln (13) werden die verstorbenen Vorfahren in Inschriften benannt und geehrt.

Objekt 1 | Eulen-Maske

(Kwakwaka’wakw)

Abbildung einer Eulenmaske der Volksgruppe der Kwakwaka’wakw

Privatsammlung
Holz und Pigment
38 x 34 cm
2. Hälfte 20. Jh., von der Nordwestküste Nordamerikas

Bei den Kwakwaka’wakw (vormals „Kwakiutl“ genannt) und anderen Gruppen, die an der Nordwestküste Amerikas leben und sich als „First Nations“ bezeichnen, da ihre Anwesenheit der Kolonisierung durch europäische Siedler im 19. Jh. vorausging, haben Masken einen hohen Stellenwert. Masken gelten als wirkmächtige Manifestationen von Ahnengeistern und übernatürlichen Wesen, welche sich, wenn in Tänze und andere Darstellungsformen integriert, vorübergehend „verkörpern“, d. h. sich in der Bewegung und Körpersprache von Tänzern manifestieren und dadurch mit der Welt der Lebenden kommunizieren. Viele Masken stellen Tiere dar, denen bestimmte Fähigkeiten und Naturkräfte zugeordnet werden. Bei verschiedenen Gruppen der „First Nations” haben die Masken unterschiedliche Bedeutungen in Mythen und Zeremonien. Masken werden bis heute per Hand hergestellt und in Familien weitergegeben. Heute werden Masken auch für Museen und private Sammler angefertigt. Diese Maske versinnbildlicht die Eule, die bei der Nation der Kwakwaka’wakw als Vogel der Weisheit, des Wissens, aber auch der magischen Fähigkeiten, so etwa der Prophetie, gilt. Doch wird die Eule auch mit Missgeschick und Tod assoziert: Sollte man hören, dass die Eule den eigenen Namen ruft, gilt dies als Aufruf, sich den Geistern der Toten anzuschließen. Es wird angenommen, dass der Genannte bald sterben wird.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 36.

Objekt 2 | Holzbild eines manifestierenden Geistwesen (Kwakwaka’wakw)

Abbildung eines Tierbildes aus Holz mit einem manifestierten Geistwesen

Privatsammlung
Holz und Pigment
H ca. 24; B 21; T 15 cm
2. Hälfte 20. Jh., von der Nordwestküste Nordamerikas

Bei den Kwakwaka’wakw und anderen Gruppen der First Nations der Nordwestküste Kanadas galt und gilt die Welt als von zahlreichen Geistwesen belebt. Diese Geistwesen zeigen ihre Präsenz und Wirkung in der Welt der Menschen auf vielfältige Weise: Bei einigen handelt es sich um Ahnengeister, die mit individuellen Klanen oder Familien assoziert werden. Andere Geistwesen sind einzelnen „Nationen“ als Totem zugeordnet; wiederum andere übernehmen spezifische Rollen im Alltagsleben der Menschen. Geistwesen können aber auch für spezielle Zusammenhänge oder Wirkmächte der Natur, wie etwa Wind und Regen stehen; und schließlich gibt es Geistwesen, die rituelle Spezialisten, die Schamanen, mit besonderen Kräften und Fähigkeiten ausstatten, durch die diese dann mit der Welt der unsichtbaren Kräfte und Geistwesen in Verbindung treten und deren Handeln beeinflussen können. Diese Geistwesen werden unterschiedliche verkörpert, auch durch Masken. Geistwesen werden mit spezifischen Tieren assoziert. Deren Masken sind entsprechend mit Merkmalen des Tieres ausgestattet. Das vorliegende Holzbild wurde vom Kwakwaka‘wakw Künstler George Matilpi von Albert Bay als Dekorationsobjekt und für den Verkauf angefertigt und von den aktuellen (Erst-)Besitzern 2001 von einer Galerie im Bundesstaat Washington käuflich erworben.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 35.

Objekt 3 | Statuette eines Braunbären als
Geist-Gottheit der Ainu

Leihgabe Rautenstrauch-Joest-Museum – Kulturen der Welt, Köln, Inv. RJM 62244
Holz
H 28,4; B 40,8; T 27,9 cm
Mitte 20. Jh., Japan

Der junge Braunbär verkörpert eine Geist-Gottheit (kamuy), die in den Vorstellungen der Ainu in den Bergen wohnt. Im Rahmen der mehrtägigen Bärenzeremonie wurde traditionell ein junger Bär rituell getötet, um seine Seele in die Welt der kamuy zurückzuschicken. Die Bärenzeremonie wird heute nicht mehr praktiziert, war aber früher eines der wichtigsten Rituale der Ainu. Die Ainu, ein Volk auf der japanischen Insel Hokkaido und auf Süd-Sachalin und den Kurilen (im Südosten Russlands), lebten vor der Besetzung ihres Lebensraums durch Japaner und Russen in der 2. Hälfte des 19. Jh. von der Jagd und dem Sammeln von Naturfrüchten. Die Bedeutung und Vorstellung der Seele besonders wichtig: Die Seele „entkörpert“ sich vorübergehend, d. h. sie verlässt den menschlichen Körper, um weit entfernte Orte aufzusuchen, bspw. während des Träumens oder einer rituellen Kontaktaufnahme mit der Geisterwelt. Die gesamte Bärenzeremonie bestand aus drei Phasen, die in der rituellen Tötung eines Bären endeten. Für Außenstehende mit einem anderen kulturellen Hintergrund mag das Töten des Bären als ein grausamer Akt gelten, doch verstanden die Ainu das Ritual als eine Form, durch die sie ihren größten Respekt gegenüber der Gottheit deutlich machten. Zusätzlich stellte sie ein festliches Ereignis dar.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 34.

Objekt 4 | Semar, eine javanische Schattenspielfigur

Religionskundliche Sammlung der PhilippsUniversität Marburg, Inv. Ar 105a
Leder und Horn
H 25 cm
21. Jh., aus Java (Indonesien)

Semar ist eine der zentralsten Spielfiguren des javanischen Schattentheaters (Wayang). Er stellt in vielerlei Hinsicht das Gegenteil eines idealisierten Körpers dar: Er ist dick, klein, hat große Füße und seine Gesichtszüge hängen faltig herunter. Er trägt Armbänder und streckt eine Hand mit dem Zeigefinger nach vorne; eine typische Geste der „lustigen Figur“. Bis auf einen gemusterten Rock, den er um die Hüften gewickelt hat, ist er unbekleidet. Dies lässt weder auf die klassische weibliche noch männliche Darstellung schließen. Semar stellt in der javanischen Tradition (kejawèn) einen Clown und Diener dar, der zugleich als Weiser gilt. Der mythologische Gehalt des Schattentheaters auf Java speist sich im Wesentlichen aus den beiden großen Epen „Mahābharata“ und „Rāmāyana“. Semar interagiert in dynamischer, subversiver Weise mit den Helden und Göttern dieser Epen und wird von den Zuschauern als Identifikationsfigur wahrgenommen und vermittelt zwischen Menschen und Göttern. Auch nachdem im 15. Jh. auf Java das erste islamische Fürstentum gegründet wurde und das hinduistisch-buddhistische Reich der Majapahit zunehmend zurückgedrängt wurde, blieb dieser epische Stoff im Schattentheater lebendig. Semar ziert Stoffe, Sticker und Anhänger. Häufig wird seine Gestalt kalligrafisch in javanischer oder arabischer Schrift gebildet, wobei auch der Name Allah auftritt. Damit verkörpert er auch einen Widerspruch der javanischen Tradition mit dem sunnitischen Islam, bei welchem ein Verbot der körperlichen Darstellung herrscht.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 28.

Objekt 5 | Shiva als Asket

Religionskundliche Sammlung der Universität Münster, Inv. RS 294
Kunstharz
ca. B 14; H 24,5; T 10 cm
zeitgenössisch, aus Indien

In den theistischen Strängen des Hinduismus wird die eine höchste göttliche Wirklichkeit (das „Eine ohne ein Zweites“) jeweils durch eine andere Hauptgottheit repräsentiert: im Vishnuismus durch Vishnu (Viṣṇu), im Shaktismus durch die Göttin (Devi) und im Shivaismus durch Shiva (Śiva, „der Glückverheißende“). Der Hauptgottheit werden jeweils zahlreiche weitere Varianten und Götter durch mythologische Beziehungen oder Inkarnationsvorstellungen zugeordnet. Historisch gesehen ist Shiva wohl eine Weiterentwicklung des vedischen Gottes Rudra. Hier ist er als weltentsagender, enthaltsamer Asket dargestellt, kann aber auch andere Formen annehmen (Objekt 7&8). Seine Darstellung als Asket bringt die schöpferische und zerstörerische Kraft Shivas in einen inneren Zusammenhang mit der durch asketische Praxis erlangten spirituellen Stärke. Das Objekt zeigt die klassischen Attribute des asketischen Shiva: Er sitzt im Meditationssitz auf einem Raubtierfell. In der oberen linken Hand hält er die Asketentrommel (ḍamaru), in der rechten Hand den Dreizack (triśūla), die beide zu seinen zentralen Attributen gehören. Seine untere rechte Hand ist im Gestus der Schutzgewährung erhoben. Um seine Arme und seinen Hals winden sich Schlangen. Sein langes Haar ist oben zu einer Art Krone verwoben, aus der rechts die Mondsichel, links eine Schlange und mittig die Göttin des Flusses Ganges hervorragen. Auf der Stirn trägt er das „Dritte Auge“, das Zeichen seiner übernatürlichen Erkenntnis und Macht, inmitten der waagrechten, shivaitischen Stirnbemalung (tilaka).

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 40.

Objekt 6 | Shiva Lingam und Yoni

Abbildung eines schalenförmigen Kultobjekts als Darstellung der Göttin Shiva Lingam und Yoni

Religionskundliche Sammlung der Universität Münster, Inv. RS 274
Bergkristall und Messing
ca. B 5; H 8; T 8 cm
zeitgenössisch, aus Indien

Zu den verbreiteten Darstellungsformen des hinduistischen Gottes Shiva (Śiva) und den Objekten seiner kultischen Verehrung gehört das Lingam (liṅga, „Zeichen“) oft, aber nicht immer, in Verbindung mit der Yoni („Schoß“, „Ursprung“). Diese anikonische Darstellung des Hochgottes umfasst verschiedene Dimensionen. Als Phallussymbol steht das Lingam für die Fruchtbarkeit und Schöpferkraft des Göttlichen. Die Verbindung von Lingam und Yoni (als Symbol der Vulva) verweist auf die untrennbare Einheit von männlichen und weiblichen Aspekten des Göttlichen. Häufig wird Shiva, wie auch die anderen bedeutenden hinduistischen Götter, gemeinsam mit einer Gemahlin dargestellt, die als Shakti die weibliche Energie des Göttlichen verkörpert. Dementsprechend finden sich in Indien auch androgyne Darstellungen Shivas, die ihn zur Hälfte als Mann und zur anderen Hälfte als Frau zeigen. Die Idee einer egalitären Stellung von Mann und Frau ist damit zumeist jedoch nicht verbunden. Bei dem hier gezeigten Objekt entspricht der ovale transparente Gegenstand dem Lingam und die Schale der Yoni. Über beide beugt sich der Kopf einer Kobra, die häufig mit Shiva assoziiert wird und im alten Indien ebenfalls als Fruchtbarkeitssymbol gilt.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 39.

Objekt 7 | König des Tanzes (Naṭarāja)

Abbildung einer Statue des Shiva als König des Tanzes

Religionskundliche Sammlung der Universität Münster, Inv. RS 292
Bronze und goldene Farbe
ca. B 20; H 24,5; T 6,5 cm
zeitgenössisch, aus Indien

Shiva (Śiva) (der Glückverheißende) gehört neben Vishnu (Viṣṇu) und den verschiedenen Personifikationen der Göttin (Devi) zu den Hauptgöttern im Hinduismus und ist die zentrale Gottheit des Shivaismus. Shiva wird häufig als König des Tanzes (Naṭarāja) verehrt, wobei der Tanz den dynamischen Charakter der Wirklichkeit symbolisiert: Gott tanzt die Welt. Die Dynamik der Bewegung ist zum einen durch den Feuerkreis ausgedrückt, der Shiva umgibt und zugleich die Gesamtheit des Kosmos symbolisiert. Zum anderen zeigt sich die Bewegung in Shivas wehenden Haarflechten und durch das in einer Tanzbewegung erhobene linke Bein. Mit seinem rechten Fuß tritt er auf die dämonische Gestalt des Apasmāra, der für die Verblendung als Wurzel allen Übels steht, von dem Shiva Befreiung verheißt. In der Hand seines oberen rechten Arms hält Shiva die aus zwei Klangkörpern bestehende Handtrommel (ḍamaru) der Asketen, was eine Verbindung zu Shivas Darstellung als Asket (Objekt 6) schafft. In der oberen linken Hand befindet sich eine Flamme, die sich als göttliche Energie, aber auch als die durch Askese erzeugte innere „Hitze“ bzw. Energie verstehen lässt. Die rechte untere Hand ist zum Gestus der Schutzgewährung erhoben und steht für die gütige Zuwendung zu seinen Verehrern. Die linke untere Hand kreuzt seine Brust und verbirgt damit sein „Herz“ – ein Gestus, der sich als Hinweis auf das dem menschlichen Begreifen entzogene Wesen Gottes verstehen lässt.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 38.

Objekt 8 | Statuette der Gotthei Ganesha

Religionskundliche Sammlung der Universität Münster, Inv. RS 305
Kunstharz
ca. B 17,5; H 21; T 11,5 cm
zeitgenössisch, aus Indien

Im Hinduismus werden die Gottheit auch in der Form von Mischwesen aus Mensch und Tier dargestellt. Ähnlich wie in anderen Religionen können Aspekte des Göttlichen durch Eigenschaften von Tieren verkörpert werden. Ganesha (Gaṇeśa, „Herr der Scharen“) gilt als Sohn bzw. Geschöpf von Pārvatī, der Gemahlin des Gottes Shiva. Shiva machte ihn zum „Herrn“ seiner „Scharen“. Ganesha gilt als Vināyaka, „Beseitiger [der Hindernisse]“, und gehört zu den populärsten Gottheiten des Hinduismus. Er wird für den Erfolg aller Unternehmungen angerufen, auch für den spirituellen Fortschritt. Der hier gezeigte Ganesha sitzt auf einem Thron (der ihm als „Herr“ gebührt). In der oberen rechten Hand hält er eine Axt, mit der er Hindernisse beseitigt, was aber auch die Beseitigung falscher Lehren bedeuten kann. Die untere rechte Hand ist im Gestus der Schutzgewährung erhoben. In seiner oberen linken Hand befindet sich eine Lotusblüte, das Symbol spiritueller Reinheit und der Befreiung aus der Verstrickung in den Wiedergeburtenkreislauf. Mit der unteren linken Hand reicht er Süßigkeiten (materielle Gaben) dar, die auch sein Rüssel umschließt. Der auf den Rüssel aufgemalte Dreizack verbindet ihn mit Gott Shiva. Nahe seinem rechten Fuß sieht man eine Maus/Ratte, die ihm ikonographisch zugeordnet wird. In der Verbindung der entgegengesetzten Tiere, Elefant und Maus, erscheint das Motiv der Vereinigung der Gegensätze auf.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 41.

Objekt 9 | Statuette des Mönches Budai
布袋

Übersee-Museum, Bremen, Inv. A01591
Bronze mit Resten von Bemalung
H 24; B 18; T 13 cm
19. Jh., aus China

Auf einem mit floralem Muster bestickten Kissen sitzt ein lächelnder Mann mit langen Ohrläppchen. Er trägt eine fließende Robe mit verzierten Säumen, die seine nackte Brust und den dicken Bauch freilegt. In seiner rechte Hand hält er eine Gebetskette. In seiner linken scheint sich ein sackartiger Gegenstand zu befinden, worunter ein münzartiges Objekt liegt. Auf seinem kahlen Kopf trägt er eine Krone, die mit Durchbrucharbeiten in einem abstrakten floralen Motiv geschmückt ist. Sein Name ist zurückzuführen auf das Stoffsäckchen (chin. budai), das er stets bei sich getragen haben soll, und auf sein wohl prägnantestes Darstellungsmerkmal – den runden Bauch. Er soll zwischen dem 9. und 10. Jh. gelebt haben und spielt im Chan-Buddhismus (jap. Zen-Buddhismus) eine große Rolle: Budai gilt dort als Inkarnation des Bodhisattva Maitreya, des Buddha der Zukunft. Weiter wird das Säckchen in seiner Hand dort häufig als Symbol für die Abhängigkeit der Menschen von materiellen Dingen angesehen. Seine Krone ist ebenfalls eine Anlehnung an Maitreya, der selbst regelmäßig mit einer solchen dargestellt ist. Heutzutage wird Budai in seiner apotheotischen Darstellung weltweit als „Dicker Buddha“ oder auch „Lachender Buddha“ verehrt und symbolisiert vornehmlich durch seinen dicken Bauch spirituellen sowie weltlichen Wohlstand und Überfluss.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 42.

Objekt 10 | Statuette eines thronenden Asketen

Übersee-Museum, Bremen, Inv. AX00031
Holz
H 36; B 28; T 18 cm
19. Jh., aus China

Ein älterer Mann, sein Körper stark abgemagert, mit Glatze sowie krausen Augenbrauen und Bart sitzt auf einem Thron, der einem Wurzelgeflecht ähnelt. Sein Blick ist nach unten auf ein aufgeschlagenes Buch gerichtet, das er mit seiner rechten Hand hält, während er sich mit seinem linken Arm abzustützen scheint. Um seine linke Schulter ist ein Tuch gebunden, das sich um den unteren Rücken, die Lenden und die Taille des Mannes legt und damit einen Teil seines vom Knochenbau definierten, nackten Körpers verdeckt. Zu seiner Rechten hängt auf seiner Kopfhöhe eine Gebetskette im Geflecht. Bei dem hier dargestellten Mann handelt es sich um einen praktizierenden Asketen. Er entsagt jedweden weltlichen Gütern, lebt enthaltsam und ernährt sich nur von dem, was in seine Almosenschale gelegt wird. Mit dieser Methode versuchen die praktizierenden Gläubigen, ihren Körper und Geist zu disziplinieren, von allem Unnützen zu befreien und dadurch zur Erleuchtung zu gelangen. Im Buddhismus wird die Askese nicht als religiöse Praxis genutzt. Der Begründer des Buddhismus Siddhartha Gautama (6.–5. Jh. v. Chr.) verkündete seine buddhistische Lehre als sog. Mittleren Weg, nachdem er für sich zur Erkenntnis gelangte, dass die Askese nicht zur Erleuchtung führe.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 43.

Objekt 11 | Zwei Statuetten der Buddha Schüler Kashyapa und Ananda

Übersee Museum, Bremen, Inv. A01631 (Kashyapa), Inv. A01636 (Ananda)
Bronze mit Spuren von Vergoldung
H 32; B 17; T 12 cm (Kashyapa);
H 32; B 16; T 12 cm (Ananda)
19. Jh., aus China

Die beiden auf den ersten Blick sehr ähnlichen Figuren von glatzköpfigen Männern mit langen Ohrläppchen unterscheiden sich durch ihre Gesichtszüge: Einer ist jung, ohne Falten im runden Gesicht dargestellt, der andere älter, mit prägnanten Falten um Mund und Stirn. Beide haben ihre Augen geschlossen und den Mund zu einem sanften Lächeln geformt. Sie stehen aufrecht auf je einem doppelten Lotuspodest und halten ihre Arme auf Brusthöhe vor sich verschränkt. Der ältere hat seine Hände übereinandergelegt, der jüngere hält seine Handflächen vertikal gegeneinander. Der junge Mann ist unter dem Namen Ananda bekannt, der alte unter Kashyapa. Sie sind zwei der berühmtesten und wohl wichtigsten Schüler des historischen Buddha, Siddhartha Gautama (6.–5. Jh. v. Chr.). Kashyapa soll bereits ein älterer Mann um die 80 gewesen sein, als er sich dem Buddha anschloss. Er wurde zu Buddhas Assistenten erhoben, jedoch nach einiger Zeit von Ananda abgelöst, der zu diesem Zeitpunkt angeblich erst 25 Jahre alt war. Beide waren, trotz ihres Alters, sehr weise. Nach dem Ableben des Buddha wurde Kashyapa zum ersten Patriarchen des Buddhismus erhoben, Ananda zum zweiten. In buddhistischen Tempeln Ostasiens sind Kashyapa und Ananda in apotheotisch anmutender Art bis heute häufig links und rechts des zentralen Buddha dargestellt und weisen Gläubigen gemeinsam den „Mittleren Weg“ zur Erleuchtung.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 44.

Objekt 12 | Gott des langen Lebens Shouxing
壽星

Religionskundliche Sammlung der PhilippsUniversität Marburg, Inv. Pt 054
Gipsabguss, schwarz gestrichen
H 18 cm
Qing Dynastie (1644–1912), aus China

Der Gipsabguss zeigt einen älteren Mann mit kahlem Kopf, langem Bart und lächelndem Gesicht. Auffällig sind seine hohe Stirn und seine dicken Ohrläppchen. Er trägt ein langes Gewand mit weiten Ärmeln. Auf seiner Schulter steht ein Junge, der sich an seinem Kopf festhält. Es handelt sich hierbei um die in der Volksreligion verehrte Gottheit Shouxing, auch bekannt als der „Gott des langen Lebens“ oder „Alter Mann im Südpol-Sternbild“. Sein Name bezeichnet eigentlich den Stern Canopus, der Stern des Südpols, der nur von Herbst bis zum Frühjahr sichtbar war. Das Erscheinen des Sterns galt als Zeichen für eine friedvolle Zeit und die Langlebigkeit des Herrschers. Im chinesischen Volksglauben sind die charakteristischen Merkmale in der Darstellung des Shouxing mit göttlichen Eigenschaften verbunden: Seine hohe Stirn gilt als Zeichen für spirituelle Weisheit und die Fähigkeit, tiefgründige Einsichten zu vermitteln. Seine langen Ohrläppchen weisen auf Langlebigkeit und spirituelle Verbundenheit mit dem Universum hin. Ebenso sind langer Bart und voluminöses Gewand Hinweis auf seine göttliche Natur.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 45.

Objekt 13 | Ahnentafel

Religionskundliche Sammlung der PhilippsUniversität Marburg, Inv. Qt 009
Holz, roter und goldener Lack
H 35; B 14,5; T 6,8 cm
Qing Dynastie (1644–1912), aus China

Die ausgestellte konfuzianische Ahnentafel besteht aus einem Sockel und der eingesteckten Tafel, welche eine Inschrift trägt: 

皇清口口口口口府君神主
孝男福壽奉祀

Sinngemäß übersetzt lautet die Inschrift: „Ahnentafel für [Name und Titel wurden entfernt] aus der Qing Dynastie. Zu Segen und Langlebigkeit angebetet von dem Trauer tragenden Sohn (oder: den Trauer tragenden Söhnen).“ 

Bei dem stilisierten Schriftzeichen im Kopfteil des Täfelchens handelt es sich um das Zeichen shou 壽, welches für langes Leben steht. Die fünf Fledermäuse, die das Schriftzeichen umgeben symbolisieren die sog. Fünf Glücksgüter (wǔfú 五福). Diese sind ein langes Leben, Gesundheit, Reichtum, die Liebe zur Tugend und ein friedlicher Tod. Das Fabeltier auf dem Sockel stellt ein Qilin 麒麟 dar. Es handelt sich dabei um ein Fabelwesen aus der chinesischen Mythologie, welches häufig als Einhorn übersetzt wird und im Allgemeinen für den Wunsch nach Segen steht. Chinesische Ahnentafeln informieren typischerweise über den Namen und die Lebensdaten des Verstorbenen. Ahnentafeln sind wichtige Bestandteile der chinesischen Ahnenverehrung. Jede Ahnentafel symbolisiert die Seele eines Ahnen. Diese werden nicht als Menschen abgebildet, sondern nur durch die Inschrift symbolisiert. Anders als in anderen Kulturen wird bei der chinesischen Ahnenverehrung also gerade kein Anthropomorphismus angestrebt. Die Ahnentafeln einer Familie werden im Familientempel aufgestellt.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 46.