Das hier ausgestellte Schliffglasfragment aus der 2. Hälfte des 4. bzw. dem frühen 5. Jh. n. Chr.(1) ist insofern eine Besonderheit, als dass es den Apostelfürsten Paulus unbärtig wiedergibt. Dies ist bemerkenswert, weil er üblicherweise mit einem Vollbart abgebildet wird, wie die Kopie eines Goldblechmedaillons (2) aus der 2. Hälfte des 4. Jh. n. Chr. ebenso bezeugt wie die Skulptur im Paradies des Paulus-Doms (um 1536 n. Chr.) hier in Münster. Deshalb kann man vermuten, dass nach antiker Bildersprache ein Ereignis aus der Jugend des Paulus abgebildet ist.
In der Antike ist es von Bedeutung, ob jemand bärtig oder unbärtig dargestellt wird. Bis zu Alexander dem Großen ist es in Griechenland üblich, erwachsene Männer mit Vollbart und Heranwachsende mit Backenbart abzubilden. Alexander wird mit 20 Jahren 336 v. Chr. König von Makedonien und erobert in 13 Jahren ein nach damaligem Denken als Weltreich zu bezeichnendes Gebiet. Da er seine Jugendlichkeit für eine wichtige Botschaft hält, gibt es kein bärtiges Bildnis von ihm.
In der Folge sind es dann die Dichter und Denker, die weiterhin bärtig dargestellt werden. Politische Persönlichkeiten folgen dem Vorbild Alexanders und sind meist unbärtig. Bärtigkeit kann in der römischen Kunst ein Zeichen für Personen sein, die in Feldzügen aktiv sind. Im 1.-2. Jh. n. Chr. wird zunächst vereinzelt und dann durch die Bärtigkeit der Bildnisse des Kaisers Hadrian der Vollbart wieder beliebter.
Heutzutage ist es ebenfalls wieder sehr verbreitet, einen Bart zu tragen, während dies noch in den 1980er-1990er Jahren eher selten war.
Objekt 1 | Fragment einer Schliffglasschale
Darstellung des bartlosen Paulus aus Glas aus dem östlichen Mittelmeergebiet
Objekt 2 | Kopie eines Fragmentes eines Glasbodens mit Goldblechmedaillon
Darstellung der Apostelfürsten Paulus und Petrus aus Glas und Gold
Objekt 1 | Fragment einer Schliffglasschale
Darstellung des bartlosen Paulus
aus Glas
aus dem östlichen Mittelmeergebiet
ca. 350–410 n. Chr.
Inv. 2461
Weiterführende Informationen auf museum digital westfalen:
Schliffglasfragment mit Darstellung des jugendlichen Apostels Paulus :: Archäologisches Museum der WWU Münster :: museum-digital:westfalen
Objekt 2 | Kopie eines Fragmentes eines Glasbodens mit Goldblechmedaillon
Darstellung der Apostelfürsten Paulus und Petrus
aus Glas und Gold
Original in Rom, Museo Sacro Vaticano, Inv. 798 (182)
ca. 350–375 n. Chr.
Inv. 1340