Die christlichen Vorstellungen von Mann und Frau basieren auf der Bibel. Im ersten Schöpfungsbericht wird die Gottesebenbildlichkeit explizit auf Mann und Frau bezogen, wodurch beide Geschlechter gleichgestellt zu sein scheinen. Eine gewisse Veränderung bringt der Sündenfall (1), in dem Eva vom Bösen in Form einer Schlange verführt wird und Adam mit hineinzieht.
Dagegen wird im sog. zweiten Schöpfungsbericht Eva aus der Seite Adams erschaffen, wodurch die Frau dem Mann deutlich untergeordnet wird. Diese Auffassung der Geschlechterrollen kennt auch das Judentum (2).
Die göttliche Dreieinigkeit (3) – Gottvater, Heiliger Geist und Jesus Christus – bleibt als Erscheinungsform des obersten Gottes ohne jegliche Geschlechtsspezifik.
So wie schon hinsichtlich der Erschaffung Evas aus der Seite des Adam gleiche Ansichten in Judentum und Christentum bezeugt sind, so auch bezüglich der Lobpreisung der Liebenden im Hohelied Salomons (4) – eine Sammlung von zärtlichen und auch sehr erotischen Liebesliedern.
Hohes Domkapitel der Kathedralkirche St., Inv. U 88
Paulus, Münster
Messing, getrieben
H 6; Dm 35,3 cm
um 1550, aus Nürnberg
Eine Lavaboschüssel wird während der katholischen Liturgie eingesetzt. Die Priester waschen sich vor und nach der heiligen Messe die Hände: lavabo (lat. „ich werde waschen“). Das Wasser wird aus einer Kanne über die Hände gegossen, aufgefangen von einem Becken, der Lavaboschüssel. Die Lavaboschüssel aus der Domkammer des Doms zu Münster ist aus Messing getrieben. In der Mitte zeigt sie den Sündenfall: Adam und Eva stehen neben dem Baum der Erkenntnis, die gekrönte Schlange überreicht Eva den Apfel. Das Böse in Form der Schlange verführt also die Frau (Eva), die wiederrum dem Mann (Adam) die verbotene Frucht weiterreicht. Die Bibel spricht nicht von einem „Apfel“, wie volkstümlich angenommen, sondern von „fructus“ („Frucht“). Im Lateinischen ähneln sich die Worte „malum“ („das Böse“) und „malus“ („der Apfel“). In der volkstümlichen und kunstgeschichtlichen Überlieferung wird wohl durch einen Übersetzungsfehler aus dem Hebräischen bzw. Griechischen ins Lateinische der Apfel in die Überlieferung gelangt sein. Im Hintergrund des Bildes finden sich das Tor zum Paradies und die Darstellung einer Kirche.
Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 66.
Faksimile, Original: British Library, London, Inv. Add. MS 27210, fols 2v–3r
Original: Papier
H 24,5; B 20 cm
ca. 1320, aus Barcelona (?)
Die Pesach-Haggadah ist ein liturgisches Buch zum Pesachfest, das der Errettung der Israeliten aus der ägyptischen Knechtschaft gedenkt und sich daher intensiv mit biblischen Inhalten beschäftigt. In Katalonien war es im 14. Jh. unter wohlhabenden Hofjuden üblich, dem handschriftlichen Text einen ausführlichen Bilderzyklus mit biblischen Geschichten voranzustellen. Gezeigt ist der Beginn dieses Zyklus in der „Goldenen Haggadah“. Rechts oben ist Adam – noch alleine – damit beschäftigt, den vor ihm erschaffenen Tieren Namen zu geben. Der Rahmen links davon enthält zwei Szenen: die Erschaffung Evas, die als deutlich erkennbare weibliche Figur gleichsam der Seite des schlafenden Adam entwächst. Links davon sehen wir das Paar simultan während des und nach dem Sündenfall: Die Feigenblätter, die die beiden über ihre Geschlechtsteile halten, signalisieren, dass sie ihre Nacktheit und somit ihre unterscheidbaren Geschlechtsmerkmale erkannt haben. Der aus dem Himmelssegment erscheinende Engel stellt – anstelle einer anthropomorphen Gottesfigur – die beiden bezüglich des Sündenfalls zur Rede. Die folgenden Bilder auf dieser Doppelseite setzen die Geschichte des Buches Genesis fort und zeigen die Opfer von Kain und Abel, die Geschichte Noahs, den Turmbau zu Babel und den Beginn der Abrahams-Geschichte.
Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 63.
Bibelmuseum der Universität, Inv. EKD lfd. Nr. 486
Münster
Papier, Leder, Holz und Metall
oktav (H 30; B 21; T 4,5 cm)
1527, aus Dresden
Hier ist das Titelblatt der deutschen Bibelübersetzung von Hieronymus Emser (1478– 1527) abgebildet, die 1527 veröffentlicht wurde. Das Titelblatt ist in mehrere Bereiche eingeteilt. Im oberen Drittel befinde sich der rot gedruckte Titel „Das naw testament nach lawt der Christlichen kirchen bewerte text corrigirt vnn wider umb zu recht gebracht“, die Jahreszahl MDXXVII (1527) und das Künstlerkürzel G L (Georg Lemberger). Eingerahmt wird der Titel durch Illustrationen der vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, die mit ihren jeweiligen Attributen versehen sind. In einem Halbporträt ist Gott nach links zum Boden blickend mit einem Segensgestus dargestellt. Er zeigt sich als ein älterer Mann mit Vollbart und einem langen Gewand. Unter ihm schwebt der Heilige Geist in Form der Taube in einem Strahlenkranz. Unten links im Bildfeld steht Jesus mit langem Haar und Vollbart in einem langen Gewand, die rechte Hand zeigt einen Segensgestus. Die Illustration zeigt also die Trinität, die Dreifaltigkeit in der christlichen Theologie. Gott existiert in drei Seinsweisen: als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Rechts im Bild befindet sich eine weitere Figur, Petrus, der in der Hand seine Schlüssel hält (Mt 16:19) – bis heute ein „katholisches“ Symbol der Bindegewalt des Papstes als Nachfolger Petri und Stellvertreter Jesu Christi auf der Erde. Hinter Petrus versammeln sich die übrigen Apostel. Anhand der Tiara und der Schlüssel Petri ist deutlich erkennbar, dass es sich hier um eine romtreue Übersetzung der Bibel handelt.
Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 68.
Bibelmuseum der Universität Münster, Slg. Remy G 090
Papier
quart (H 26; B 25,5; T 1 cm)
1966, aus Winterthur
Das Hohelied Salomons gehört zum Alten Testament der christlichen Bibel bzw. zum jüdischen Tanach. Es handelt sich um eine reichhaltige Sammlung von zärtlichen und auch sehr erotischen Liebesliedern. In den Texten wird in blumiger, bildhafter Sprache das Suchen und Finden, die Sehnsucht und das Lobpreisen der Liebenden beschrieben. Wechselweise treten ein Mann, eine Frau und ein Chor als Sprecher auf. Formal gesehen spricht die „Frau“ im Hohen Lied häufiger und intensiver über die Liebe. Das vorliegende Werk umfasst abstrakte Zeichnungen von Adrian Frutiger (1928–2015) und enthält den Text des Hohelieds in Hebräisch, Französisch, Deutsch und Englisch, wobei auf einer Doppelseite unter der Illustration in roter Schrift der hebräische Text und auf der gegenüberliegenden Seite in drei Kolumnen die drei anderen Sprachen nebeneinander gedruckt sind. Die Auflage bestand aus 600 Exemplaren und erschien zu Weihnachten 1966. Aufgeschlagen ist der Text zum Hld 4:1–11. Hier wird in sehr blumiger Sprache die Schönheit einer Frau beschrieben, wenn es heißt: „Wie schön bist du, meine Freundin, wie schön! Deine Augen glänzen wie Tauben hinter deinem Schleier hervor. Dein Haar ist wie eine Herde Ziegen, die vom Gebirge Gilead herabwallt. (…) Alles ist schön an dir, meine Freundin, an dir ist kein Fehl.“
Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 67.