Tätowierungen wurden in der Antike als Maßnahme zur Bestrafung von Kriegsgefangenen und Kriminellen oder auch als Kennzeichnung und Bestrafung von Sklaven und in der Spätantike zur Markierung von Soldaten genutzt.
Nachweisbar sind Tätowierungen durch mumifizierte Körper oder Abbildungen von religiösen Erzählungen wie auf einem Holzschnitt mit einem Bildnis des seligen Heinrich Seuse (1), der sich das Christusmonogramm „IHS“ über dem Herzen in die Haut geschrieben hat. Das dauerhafte Einbringen in die Haut und damit den Körper stellt als magische Praktik nicht nur ein untrennbares Band und damit eine direkte göttliche Verbindung her, sondern sollte bewirken, dass sich Gott in sein Herz eindrückt.
Das Bestandteil eines Tätowierinstrumentes (2) aus Südostasien dient für sakrale Tätowierungen, die den Tätowierten magischen Schutz, mystische Kräfte oder Glück verleihen. Das aus der gleichen Region stammende Manuskript mit Vorlagen für Tätowierungen (3) enthält Beispiele für mögliche Motive (verschiedene Muster- oder Zeichenkombinationen, Tiere oder göttliche Wesen), aus denen die Kunden auswählen konnten. Tiger und andere Raubkatzen sind dabei sehr beliebt, da der Glauben besteht, dass die Fähigkeiten und Kräfte dieser Tiere durch die Tätowierung auf die tätowierte Person übertragen werden.

Objekt 1 | Handkolorierter Holzschnitt mit dem seligen Heinrich Seuse

Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Inv. H81
handkolorierter Holzschnitt
H 19,3; B 14,2 cm (Blatt)
um 1479/80, aus Ulm

Der Holzschnitt zeigt den Dominikaner Heinz Seuse (auch in der lateinisches Form Suso oder unter dem Namen Amandus bekannt), der von 1295 bis 1366 lebte und zu den großen Mystikern des 14. Jh. zählt. Auf seiner Brust ist das Christusmonogramm „IHS“ zu erkennen, das er sich selbst mit einem Griffel über dem Herzen eingeritzt, eingeschnitten oder eintätowiert haben soll. In der entsprechenden Textstelle aus der „Vita“ des Heinz Seuse heißt es: „Und vie an und stach dar mit dem grifel in daz flaisch ob dem herzen […] und stach also hin und her und uf und ab, unz er den namen IHS eben uf sin herz gezeichent.“ Das dauerhafte Einbringen des Christusmonogramms in die Haut und damit den Körper stellt als magische Praktik nicht nur ein untrennbares Band und damit eine direkte göttliche Verbindung her. Seuse beabsichtigt mit dem „ewigen Minnezeichen“, wie er es selbst nennt, dass Gott sich in sein Herz eindrückt. Der Name Jesu in Form der Buchstaben „IHS“ trägt dazu bei, dass die Zugehörigkeit in den Körper eingeschrieben und somit auch „beurkundet“ wird. Zugleich diente die Wunde der Herstellung von Kontaktreliquien, indem man Tücher auf sie legte und diese anschließend an unterschiedliche Menschen (Freunde, Gefolgsleute, Förderer) in Seuses Umfeld versandt wurden.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 97.

Objekt 2 | Bestandteil eines Tätowierinstruments

Abbildung eines Oberteils eines nadelförmigen Tätowierinstruments aus Messing

Leihgabe Rautenstrauch-Joest-Museum – Kulturen der Welt, Köln
Inv. RJM 10338
Messing
H 15,2; breiteste B 3,4 cm
Datierung unbekannt, aus Birma/Burma (heute Myanmar)

Bei dem Stück handelt es sich um das obere Element eines aus drei Teilen zusammensetzbaren langstieligen Tätowierinstruments. Am oberen Ende ist das Objekt mit einer Figur verziert, die ein Geisteswesen oder heiliges Tier darstellt. Durch die Figur wird das Instrument beschwert, was den Tätowiervorgang erleichtert. Dieser obere Teil wurde in einen dünnen röhrenförmigen Stiel gesteckt, in dessen unteres Ende man wiederum die eigentlichen austauschbaren Tätowiernadeln einführte. Die Größe und das Gewicht des Instruments erforderten eine besondere Vorgehensweise bei der Handhabung. Dabei wurden die Spitzen zwischen dem Daumen und Zeigefinger der nicht stechenden Hand geführt. Derartige langstielige Tätowierwerkzeuge mit geradem Stiel werden mit verschiedenen ethnischen Gruppen in Thailand, Myanmar, Laos, Kambodscha und Teilen des südwestlichen Chinas in Verbindung gebracht. Ihre Verwendung in der Region steht im Zusammenhang mit lokalen Praktiken des Theravāda-Buddhismus, der ältesten noch heute existierenden buddhistischen Schule. Zum Einsatz kommen die Tätowierwerkzeuge bei der Yantra-Tätowierung. Dabei handelt es sich um sakrale Tätowierungen, die den Tätowierten magischen Schutz, mystische Kräfte oder Glück verleihen.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 102.

Objekt 3 | Manuskript mit Vorlagen für Tätowierungen

Leihgabe Rautenstrauch-Joest-Museum – Kulturen der Welt, Köln
Inv. RJM 67002
Papier, Pigment und Bindemittel
H 24,4; B 15; T 1 cm
Datierung unbekannt, aus Myanmar (ehemals Birma /
Burma)

Das Manuskript stellt eine Art Musterbuch dar, das Vorlagen für mögliche Tätowierungen enthält und von einem Tätowiermeister angefertigt wurde. Personen, die sich eine Tätowierung wünschten, konnten so aus einer Vielzahl von Mustern, Darstellungen von göttlichen Wesen, Zahlen und Zeichenkombinationen wählen. Auch Tiere gehörten zum Repertoire, wobei bevorzugt Tiger und andere Raubkatzen abgebildet sind. Die dauerhaft unter die Haut gebrachten Tätowierungen besaßen vielfältige magische Funktionen. Neben dem Schutz vor Gefahren, aber auch vor dem Bösen allgemein erhoffte man sich das Eintätowieren von Tieren und Wesen der Übertragung ihrer Fähigkeiten und Kräfte auf den Menschen. Die Tätowierten waren dadurch bspw. stark, geschickt und klug wie ein Tiger. Zugleich können die Tätowierungen auch als medizinische Maßnahme verstanden werden, da sie in ihrer Schutzfunktion die körperliche Unversehrtheit garantierten und die eigene Vitalität förderten.

Weitere Informationen finden Sie in dem Katalog der Sonderausstellung unter Katalog-Nummer 103.